Skip to main content

Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Was Unternehmer jetzt zum Thema Urlaubsanspruch wissen müssen

Das Jahr 2019 neigt sich dem Ende zu. Spätestens jetzt müssen sich Arbeitgeber mit dem Urlaubsanspruch ihrer Mitarbeiter auseinandersetzen. Aufgrund eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts besteht Handlungsbedarf in Bezug auf die Übertragung von Urlaubstagen ins nächste Kalenderjahr.

Was wurde entschieden?

Das Bundesarbeitsgericht hat sich kürzlich (Urteil 9 AZR 423/16) der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (C-684/16) angeschlossen, wonach Urlaubsansprüche nicht mehr automatisch verfallen. Nach bisheriger Rechtslage verfiel der Urlaubsanspruch gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG automatisch zum Ende des Kalenderjahres oder bis Ende März des Folgejahres, wenn Arbeitnehmer keinen entsprechenden Urlaubsantrag gestellt hatten.  

Nun hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der fehlende Antrag alleine nicht zum Verfall des Urlaubsanspruchs führt. Zum Verfall des Urlaubsanspruchs kommt es nur dann, wenn der Arbeitgeber konkret und in völliger Transparenz dafür gesorgt hat, dass die Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzt wurden, ihren bezahlten Jahresurlaub zu nehmen.

Was ist nun zu tun?

Unternehmen sind zum Handeln aufgefordert: Arbeitnehmer müssen vom Arbeitgeber auf ihre Urlaubsansprüche und den möglichen Verfall am Jahresende explizit hingewiesen und zur Beantragung des Urlaubs aufgefordert werden. Durch die Änderung der Rechtsprechung können Arbeitnehmer ansonsten Urlaubsansprüche aus 2019 auch in 2020 noch geltend machen. 

Arbeitgeber müssen Arbeitnehmern mindestens in Textform (z.B. per E-Mail oder Brief) eine Mitteilung zukommen lassen, in der sie 

• informieren, wie viele Urlaubstage den Arbeitnehmern im Kalenderjahr zustehen,
• die Arbeitnehmer auffordern, den Jahresurlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Kalenderjahres genommen werden kann und
• die Arbeitnehmer belehren, dass der Urlaub grundsätzlich zum Ende des Kalenderjahres verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht entsprechend beantragt.

Eine konkrete Information, wie viele Urlaubstage dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Mitteilung noch zustehen, wurde im Urteil nicht ausdrücklich gefordert. Jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Bundesarbeitsgericht dies in Zukunft verlangen wird. Es empfiehlt es sich also, die Arbeitnehmer über ihre konkret offenen Urlaubstage zu informieren – vor allem, wenn dies ohne größeren Aufwand möglich ist. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer jede Änderung der noch vorhandenen Urlaubstage mitzuteilen. Rein abstrakte Angaben, etwa im Arbeitsvertrag oder in einer Kollektivvereinbarung, sind nach Ansicht des Gerichts allerdings nicht ausreichend.

Wann muss informiert werden?

Das Bundesarbeitsgericht verlangt, dass die Mitteilung an die Arbeitnehmer so rechtzeitig erfolgen muss, dass der Urlaub noch genommen werden kann. Das Gericht geht davon aus, dass eine entsprechende Mitteilung an die Arbeitnehmer auch zu Beginn des Kalenderjahres erfolgen kann. Wenn eine solche Mitteilung noch nicht erfolgt ist, sollten Arbeitgeber dies so schnell wie möglich tun.

Was bedeutet das für die Vorjahre?

Die Urteile des Bundesarbeitsgerichts und des Europäischen Gerichtshof haben nicht nur Bedeutung für die Zukunft: Wie das Landesarbeitsgericht Köln (4 Sa 242/18) bestätigt hat, gelten diese Grundsätze auch für Urlaubsansprüche aus den vorangegangenen Kalenderjahren. Dies kann besonders im Hinblick auf ausscheidende Arbeitnehmer relevant werden, die höhere Abgeltungsansprüche verlangen können. Hier sind allerdings Ausschlussklauseln bzw. Verjährungsfristen zu beachten.