Die Europäische Union hat eine umfassende Modernisierung und Harmonisierung des Geschmacksmuster- bzw. Designschutzes (nachfolgend, wo nicht differenziert dargestellt, einheitlich "Design" bzw. "Designschutz") vorgenommen. Die Reform, die gemeinhin als "Design Act" bezeichnet wird, umfasst zwei gesetzgeberische Maßnahmen: die Design-Verordnung (Verordnung (EU) 2024/2822, die die Verordnung (EG) Nr. 6/2002 ändert und die Verordnung (EG) Nr. 2246/2002 aufhebt ) und die Design-Richtlinie (Richtlinie 2024/2823, die die Richtlinie 98/71/EG ersetzt).
Ziel der EU ist es, den Designschutz an den technischen Fortschritt anzupassen, insbesondere im Bereich der digitalen und animierten Designs. Gleichzeitig wird das System für Unternehmen und Designern vereinfacht, während die Durchsetzungsmechanismen gestärkt und die Harmonisierung weiter gefördert werden.
Die Design-Verordnung befasst sich mit dem Unionsgeschmacksmuster (der neue Name für das frühere Gemeinschaftsgeschmacksmuster) und dessen Eintragung, Schutz und Durchsetzung, während die Design-Richtlinie verbindliche Anforderungen an die nationalen Designs festlegt, die die Mitgliedstaaten in nationales Recht umsetzen müssen.
Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick
Mit dem Design Act wird der EU-Designschutz an die Anforderungen des digitalen Zeitalters angepasst und gleichzeitig die Nutzerfreundlichkeit und Zugänglichkeit verbessert:
- Digitale und animierte Designs werden ausdrücklich geschützt, um einen umfassenden Schutz im digitalen und virtuellen Raum zu gewährleisten.
- Sowohl für Unionsgeschmacksmuster als auch für nationale Designs wurde der Schutz eingetragener Designs verbessert: Ein Design, das im Register für Unionsgeschmacksmuster oder in einem nationalen Designregister eingetragen ist, gilt als gültig und der jeweils Eingetragene gilt als Rechteinhaber.
- Die Antragsverfahren innerhalb der EU werden vereinheitlicht.
- Die Durchsetzung von Designrechten wird gestärkt.
- Inhaber von Designs erhalten neue Instrumente zur Rechtssicherheit.
- Spezifischen Markterfordernissen - wie der Verfügbarkeit von Bauteilen - wird durch die Einführung einer Reparaturklausel Rechnung getragen.
- Ein umkreistes D-Symbol (Ⓓ) kann als Kennzeichnung des Designschutzes auf Erzeugnisse angebracht werden.
- Vereinfachtes und einheitliches Registrierungsverfahren
- Aktualisierte Gebührenstruktur
- Geändertes Verlängerungsverfahren
- Verstärkte Durchsetzungsbefugnisse
- Einführung eines Designzeichens
- Erweiterte Definition von Designs
- Neue Darstellungsanforderungen
- Einführung einer Reparaturklausel
Phasen der Umsetzung
Die mit dem Design Act eingeführten Reformen werden schrittweise in drei Phasen umgesetzt:
Phase 1 (ab 1. Mai 2025): Erste praktische Änderungen
Das Erfordernis der "Einheitlichkeit der Klasse" bei Sammelanmeldungen von Designs wird abgeschafft, so dass mehrere Designs aus verschiedenen Locarno-Klassen in einer einzigen Anmeldung zusammengefasst werden können (mit einer Obergrenze von 50 Designs pro Anmeldung), was den Verwaltungsaufwand und die Kosten verringert.
(Art. 35 ff. Design-Verordnung / Art. 27 Design-Richtlinie)
Eine einzige, einheitliche Anmeldegebühr vereinfacht die Kostenstruktur. Die Verlängerungsgebühren werden erhöht, spiegeln aber den wirtschaftlichen Wert des erweiterten Designschutzes besser wider. Während die Eintragung selbst nicht teurer wird, steigen die Verlängerungsgebühren nach dem fünften Jahr. Durch die Abschaffung des Erfordernisses der "Einheitlichkeit der Klasse" werden Mehrfachanmeldungen jedoch kosteneffizienter als bisher.
(Design-Verordnung, Anhang I)
Eingetragene Designs müssen innerhalb von sechs Monaten bis zu ihrem Erlöschen erneuert werden - dazu gehören sowohl der Antrag als auch die Gebührenzahlung.
(Art. 50d Design-Verordnung / Art. 32 Design-Richtlinie)
Die neuen Rechte ermöglichen es den Designinhabern, gegen den unerlaubten 3D-Druck ihrer Designs und gegen gefälschte Waren vorzugehen, die durch die EU transportiert werden (Transitwaren). Damit werden Schutzlücken geschlossen und die Rechtedurchsetzung insgesamt verbessert.
(Art. 19 Design-Verordnung / Art. 16 Design-Richtlinie)
Inhaber von Designs können nun das Symbol "Ⓓ" verwenden, um geschützte Designs zu kennzeichnen, ähnlich wie bei Marken (®) oder Urheberrechten (©), um Dritte von einer unbefugten Verwendung abzuschrecken. Zusätzliche Kennzeichnungen, wie Eintragungsnummern oder Links zum EU-Designregister, können ebenfalls verwendet werden.
(Art. 26a Design-Verordnung / Art. 24 Design-Richtlinie)
Phase 2 (ab 1. Juli 2026): Ausweitung des Schutzumfangs
Die Definition von schutzfähigen Designs umfasst nun ausdrücklich dynamische Merkmale wie Bewegung, Zustandsänderungen und Animationen und trägt damit der wachsenden Bedeutung des digitalen Designs Rechnung.
(Art. 3 (1) Design-Verordnung; Art. 2 (3 Design-Richtlinie)
Der Exekutivdirektor des EUIPO legt Formate, Nummerierungen und technische Spezifikationen für statische und animierte Designs fest, um Klarheit und Kohärenz bei der Eintragung zu gewährleisten.
(Art. 36 Design-Verordnung / Art. 26 Design-Richtlinie)
Phase 3 (bis 9. Dezember 2027): Marktspezifische Anpassungen
Bauelemente komplexer Erzeugnisse - bei denen das Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses das Design bestimmt und das Bauelement lediglich zur Wiederherstellung dieses Erscheinungsbildes dient (z. B. Karosserieteile) - sind vom Designschutz ausgeschlossen. Ein achtjähriger Übergangszeitraum, der am 9. Dezember 2032 endet, erhält jedoch den bestehenden Schutz für solche Teile während dieses Zeitraums.
(Art. 20a Design-Verordnung / Art. 19 Design-Richtlinie)
Fazit
Mit der EU-Designreform wird ein modernisierter Rechtsrahmen eingeführt, der den wachsenden Herausforderungen der Digitalisierung gerecht wird, die Rechtssicherheit erhöht, die Verwaltungsverfahren vereinfacht und die Durchsetzungsmöglichkeiten stärkt.
Während das EU-Markenrecht in den Mitgliedstaaten schon seit langem in hohem Maße harmonisiert ist, blieb das Designrecht in Bezug auf Konsistenz und Einheitlichkeit bisher dahinter zurück. Mit dem Design Act unternimmt die EU nun weitere Schritte auf dem Weg zu einem kohärenteren und vollständig harmonisierten Designschutzsystem.
Unternehmen und Designer sollten bereits jetzt mit den Vorbereitungen für die schrittweisen Änderungen beginnen, um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten und die neuen rechtlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen.