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AIFMD II: Neue Regulierung von Kreditfonds und andere wichtige Änderungen

Der Rat der Europäischen Union hat nach mehrjährigen Verhandlungen den detaillierten Kompromisstext zur AIFMD II veröffentlicht. Während die Einführung der AIFMD vor einem Jahrzehnt zu erheblichen Änderungen in der Regulierung alternativer Fonds geführt hat, ist die AIFMD II weniger radikal und führt, abgesehen von wichtigen Änderungen für Kreditfonds, nicht zu wesentlichen Änderungen in der Regulierung von AIFs.

Das Europäische Parlament wird die AIFMD II voraussichtlich im Februar 2024 verabschieden. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie innerhalb von 24 Monaten nach ihrem Inkrafttreten in nationales Recht umsetzen, wobei die Anwendung einiger Anforderungen für Darlehensvergaben bis einschließlich 2029 aufgeschoben wird.

Die AIFMD II unterscheidet zwischen AIFs, die Darlehen, einschließlich Gesellschafterdarlehen, vergeben ("loan origination") und klassischen Kreditfonds "darlehensgebende AIFs" ("loan-originating AIFs").

Neue Anforderungen an die Darlehensvergabe durch AIFs generell

Die AIFMD II sieht für AIFs, die Darlehen vergeben, neue Verpflichtungen vor. "Darlehensvergabe" ("loan origination") versteht sich dabei als die direkte Darlehensgewährung durch den Fonds oder die Gewährung von Darlehen indirekt über eine Zweckgesellschaft oder eine andere Partei. Die neuen Verpflichtungen für die Darlehensvergabe umfassen unter anderem:

  • Eine Vorgabe, wonach mindestens 5% eines Darlehens während der ersten acht Jahre der Laufzeit des Darlehens von dem AIF gehalten werden müssen. Kreditfonds, die eine reine Syndizierungsstrategie verfolgen, sind künftig nicht mehr zulässig. Die Verpflichtung, 5% eines Darlehens zu behalten, soll jedoch nicht eingreifen, wenn der AIF abgewickelt wird, wenn der AIFM Vermögenswerte verkauft, um ein Rücknahmeverlangen von Anlegern zu bedienen oder wenn der Verkauf "im besten Interesse der Anleger des AIF" erfolgt.
  • Die Verpflichtung, für jeden AIF in den verpflichtenden Offenlegungen gemäß Artikel 23 AIFMD die gesamten Kosten und Aufwendungen im Zusammenhang mit der Verwaltung der Darlehen darzulegen und sicherzustellen, dass die Erträge aus den Darlehen an den AIF weitergeleitet werden.
  • Die Verpflichtung für AIFMs, über umfassende Verfahren und Systeme für ihre Darlehensvergabeaktivitäten zu verfügen und diese jährlich zu überprüfen.
  • Vorschriften, die AIFMs daran hindern, Darlehen mit dem alleinigen Ziel zu vergeben, das Engagement anschließend an Dritte weiterzureichen..

Spezifische zusätzliche Anforderungen für "darlehensgebende AIFs" ("loan-originating AIFs")

Während die oben genannten Anforderungen für alle EU-AIFMs von AIFs gelten, die Darlehen vergeben, gibt es zusätzliche Anforderungen für Kreditfonds, sprich 

(a) dessen Anlagestrategie auf die Vergabe von Darlehen als Darlehensgeber gerichtet ist, oder
(b) der Darlehen vergeben hat, die mindestens 50% des Nettoinventarwerts des AIFs ausmachen.

Kreditgebende AIFs unterliegen zusätzlichen Beschränkungen in Bezug auf Leverage-Grenzen für die Hebelfinanzierung und das Risikomanagement: 

(i) Leverage-Grenzen. Die AIFMD II sieht strenge Obergrenzen für die Hebelfinanzierung von kreditgebenden AIFs vor. Für offene AIFs ist die Hebelfinanzierung auf 175% begrenzt, während geschlossene AIFs bis zu 300% erreichen können. Die Hebelfinanzierung ist in diesem Zusammenhang definiert als das Verhältnis zwischen dem Engagement des AIFs (berechnet nach der Commitment-Methode) und seinem Nettoinventarwert. Kreditlinien und andere "Kreditvereinbarungen, die vollständig durch Kapitalzusagen gedeckt sind", werden bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt. Bei AIFMs, die kreditgebende AIFs verwalten, welche vor dem Inkrafttreten der Richtlinie aufgelegt wurden und kein weiteres Kapital aufnehmen, gilt die Leverage-Grenze als eingehalten, während AIFMs bestehender Fonds, welche weiteres Kapital aufnehmen, die Hebelfinanzierung nicht über diese Leverage-Grenzen hinaus erhöhen dürfen. AIFs, deren Hebelfinanzierung die Grenzen bereits überschreitet, profitieren von einem fünfjährigen Grandfathering bis 2029.
 
(ii) Risikomanagement. AIFMs müssen wirksame Strategien, Verfahren und Prozesse für die Kreditvergabe einführen und umsetzen. Die Auswirkungen dieser Regelung dürften begrenzt sein, da die Mehrheit der AIFMs bereits über derartige Einrichtungen für ihre Kreditfonds verfügt. Erwähnenswert ist, dass diese Verpflichtungen nicht für Gesellschafterdarlehen gelten, die 150% des AIF-Kapitals nicht übersteigen. Dies ist ein Zugeständnis an AIFMs, die Private Equity Fonds verwalten.

Bevorzugung von geschlossenen gegenüber offenen kreditgebenden AIFs

AIFMD II bevorzugt geschlossene darlehensgebende AIFs. AIFMs müssen nämlich grundsätzlich "sicherstellen", dass die von ihnen verwalteten darlehensgebenden AIFs geschlossene Fonds sind.

Ein AIFM, der einen offenen AIF verwalten möchte, darf dies weiterhin. Allerdings muss der AIFM gegenüber der Aufsichtsbehörde seines Herkunftsmitgliedstaates "nachweisen", dass das Liquiditätsrisikomanagement des AIFs mit dessen Anlagestrategie und Rückgabepolitik vereinbar ist. Ein AIFM, der einen darlehensgebenden AIF verwaltet, der vor dem Inkrafttreten der AIFMD II aufgelegt wurde, muss diese Anforderung erst fünf Jahre nach Inkrafttreten der AIFMD II erfüllen.

Darüber hinaus legt die ESMA der Kommission innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der AIFMD II Entwürfe technischer Regulierungsstandards vor, in denen weitere Anforderungen festgelegt werden, die ein offener kreditgebender AIF erfüllen muss. Diese Anforderungen umfassen ein solides Liquiditätsmanagementsystem, die Verfügbarkeit liquider Vermögenswerte und Stresstests sowie eine angemessene Rückgabepolitik angesichts des Liquiditätsprofils des darlehensgebenden AIF und berücksichtigen die zugrundeliegenden Kreditengagements, die durchschnittliche Rückzahlungsdauer der Darlehen und die allgemeine Zusammensetzung des Portfolios des darlehensgebenden AIF. Die AIFMD II enthält keine Grandfathering-Regelungen hinsichtlich der Einhaltung dieser technischen Regulierungsstandards.

Sämtliche offenen Fonds müssen geeignete Instrumente für das Liquiditätsmanagement auswählen, die in einem Anhang zur Richtlinie aufgenommen sind, wie z.B. die Aussetzung der Rücknahme von Anteilen, und die Aufsichtsbehörde über diese Auswahl informieren.

Es sei daran erinnert, dass der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission ein Verbot reiner offener Kreditfonds vorsah. Die jetzt eingeführten Kompromisse bedeuten im Vergleich zu diesem ursprünglichen Vorschlag milde Einschränkungen. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die ESMA die Anforderungen im Rahmen der noch zu entwickelnden technischen Standards weiter konkretisiert.

Weitere wichtige Änderungen für die alternative Investmentfondsbranche

Zusätzlich zu den Bestimmungen, die sich speziell an darlehensgebende AIFs richten, führt AIFMD II andere Änderungen ein, die sich auf die gesamte Branche der alternativen Anlagen auswirken werden:
  • Die AIFMD II trifft klarstellende Vorgaben über die Auslagerung von Aufgaben des AIFM. Sie regelt ausdrücklich, dass die Delegationsvorschriften nur für Tätigkeiten gelten, für die AIFMs eine Zulassung benötigen. Wichtig: Die AIFMD II verhindert nicht die Übertragung des Portfoliomanagements durch europäische AIFMs an Verwalter aus Drittstaaten. Jedoch müssen EU-AIFMs ihren lokalen Aufsichtsbehörden detailliertere Informationen über jede Übertragung zur Verfügung stellen.
  • Die Anforderungen an Verwahrstellen für EU-AIFs werden geändert. Verwahrstellen können nun, allerdings nur unter strengen Voraussetzungen, auch in anderen EU-Mitgliedstaaten als dem Herkunftsmitgliedstaat des AIFs ansässig sein. Zu diesen Voraussetzungen gehören das Fehlen einer geeigneten Verwahrstelle im Herkunftsmitgliedstaat des AIFs und das Fehlen eines nennenswerten Marktes für Verwahrstellendienstleistungen im Herkunftsmitgliedstaat.
  • Die Berichterstattung an die Aufsichtsbehörden wird unter AIFMD II strenger. AIFMs müssen nun über alle Märkte, Instrumente und Engagements ihrer AIFs berichten, was über den bisherigen Umfang unter der AIFMD hinausgeht. Detaillierte neue Berichtsanforderungen betreffen die Auslagerung von Portfoliomanagement- oder Risikomanagementfunktionen sowie die Berichterstattung darüber, wo die AIFs aktiv vertrieben werden. Diese Vorgaben zur Berichterstattung werden durch neue technische Regulierungsstandards konkretisiert.
  • Anforderungen an das Konfliktmanagement für Service-AIFMs: Service-AIFMs müssen ihren lokalen Aufsichtsbehörden detaillierte Informationen darüber vorlegen, wie sie mit Interessenkonflikten zwischen mehreren von ihnen gemanagten AIFs umgehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die AIFMD II für darlehensgebende AIFs erhebliche Änderungen und überschaubare Änderungen für die Branche der alternativen Investmentfonds insgesamt mit sich bringt. AIFMs sollten ihre operativen und Compliance-Prozesse überprüfen und anpassen, um die Einhaltung der neuen Anforderungen sicherzustellen.

Wenn Sie Fragen haben oder weitere Informationen zu den Auswirkungen von AIFMD II auf Ihr Geschäft benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Wir helfen Ihnen dabei, die neuen regulatorischen Anforderungen erfolgreich zu meistern.